Chronik

In unmittelbarere Nähe der Grenze zwischen Lothringen und der Südspitze des Saarlandes finden Sie am Unterlauf der Blies, nahe dem Ort Bliesmengen-Bolchen, die Überreste des ehemaligen Wilhelmitenklosters Gräfinthal. Heute gehört Gräfinthal zur Gemeinde und Pfarrei Bliesmengen-Bolchen. 1974 in die Großgemeinde Mandelbachtal integriert, ca. 15 km von der Landeshauptstadt Saarbrücken entfernt.

Das ehemalige Wilhemitenkloster Gräfinthal wurde 1243 von der Gräfin von Blieskastel aus Dankbarkeit gestiftet. Die Legende berichtet, daß in den ausgedehnten Waldungen nördlich von Gräfinthal, und zwar an der Stelle, die heute den Namen Brudermannsfeld trägt, in die Höhlungen eines alten Eichenbaumes ein Muttergottesbild stand. Wüste Gesellen, die daran vorbeizogen, schossen auf das Bild mit Pfeilen, die darin stecken blieben. Aus den Wunden floß Blut. Ein Blinder, der sich damit die Augen ausrieb, wurde sehend. Auch Gräfin Elisabeth, die an Triefaugen litt, wurde durch dieses Blut von ihrem Leiden geheilt.

Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Kloster mehrfach geplündert und ausgeraubt, so 1376 durch den Herzog von Guise, 1525 im Bauernkrieg sowie 1588, 1592 und zu den Zeiten des 30-jährigen Krieges. Der Grund dieser Zerstörung war wohl größtenteils darin zu finden, daß das Kloster an der lothringischen Grenze lag und daher alle Zwistigkeiten und Reibereien der regierenden Fürsten ausgesetzt war.

Bedingt durch Mißernten um das Jahr 1780 wanderten viele Bewohner ab, das Kloster war daher gezwungen, einen Teil seiner Güter und Schätze zu veräußern. Die Gräfinthaler Mönche baten deshalb 1782 den Papst, ihr Kloster aufzulösen und als regulierte Chorherren nach Blieskastel ziehen zu dürfen. Mit Erlaß vom 24. November 1785 wallfahrtete Papst Pius VI. dieser Bitte und verwandelte das Gräfinthaler Kloster in ein weltliches Stift mit Sitz in Blieskastel, der damaligen Residenzstadt der zielbewußten Reichsgräfin Marianne von der Leyen.

1803 erwarb der Handelsmann und spätere Bürgermeister von Saargemünd, Johann Baptist Mathieu, Kirche und Restbestand des Klosters Gräfinthal. Laut Überlieferung soll in dieser Gruft ebenfalls Prinzessin Anna, Tochter des Polenkönigs Stanislaus Leszczynski, ruhen. Auch das Grabdenkmal der Gräfin Elisabeth von Blieskastel ist ein wertvolles Zeugnis der Vergangenheit.

Auch der 2. Weltkrieg verschonte Gräfinthal nicht. Die Kapelle mußte wiederum fast neu aufgebaut werden und wurde am 10. Juli 1948 im Beisein vieler Pilger dem Gottesdienst zurückgegeben. So lassen die alten behäbigen Wohnhäuser und Scheunen, die heute zum Teil wunderbar restauriert sind, erkennen, daß Gräfinthal einmal anderen Zwecken gedient haben muß. Die altersgrauen Klostermauern mit ihrem Wildwuchs, die einstmal den Gräfinthaler-Hof umgaben, entzücken heute noch viele Pilger und Wanderer, denn Gräfinthal gehört zu den bekanntesten Wander- und Wallfahrtzielen des Saarlandes.